Hydrogeochemische Klassifizierung
Leitgedanke der Interpretation und Beurteilung der Wasseranalysen in Hinblick auf deren hydrogeochemische Klassifikation (Kassebaum, 2006) ist, dass sich Niederschlag auf seinem Weg durch die Bodenzone und den Grundwasserleiter bis zu seinem Austritt mit gelösten Stoffen und Gasen anreichert. Dabei bestimmt das Gestein des Grundwasserleiters die chemisch-physikalische Zusammensetzung des Grundwassers. Im Zwei- und Dreistoff-Diagramm sind Typusbereiche abgegrenzt, welche eine definierte hydrogeochemische Charakteristik des Grundwassers in Bezug auf das Ca
2+-Mg
2+-SO
42--Verhältnis beschreiben und somit Ruckschlüsse auf den wirkenden Grundwasserleiter ermöglichen. Ein zentraler Aspekt bei der Beurteilung einer Wasserversorgungsanlage ist die Frage der Schützbarkeit des Wasservorkommens. Die Schützbarkeit ist abhängig vom Gestein, welches den Grundwasserleiter aufbaut. Das hydrogeochemische Klassifikationsschema ermöglicht eine Differenzierung verschiedener Typusbereiche (und in weiterer Folge der Grundwasserleiter):
Dolomit-Wasser (Dominanz von z.B. Hauptdolomit)
Kalziumkarbonat-Wasser (Dominanz von z.B. Wettersteinkalk)
Dolomit-Kalziumkarbonat-Mischwasser
Sulfat-Wasser (Dominanz von z.B. Raibler Schichten)
Sulfatbetontes Dolomit-Wasser
Sulfatbetontes Kalziumkarbonat-Wasser
Wasser aus Moränen und alluvialen Schottern
Oberflächenwassereinfluss
Darstellbare Grundwassercharakteristiken, links: 2-Stoff-Diagramm, rechts: 3-Stoff-Diagramm, Quelle: Kassebaum, 2006
Überblick über die wichtigsten Gesteine für das Klassifikationsschema (Nordtirol)
Wettersteinkalk
Der Wettersteinkalk tritt zumeist als weißer, hellbeiger oder grauer, meist dickbankiger bis massiger Kalk auf. Von der Entstehung her repräsentiert der Wettersteinkalk die Entwicklung einer mitteltriadischen (ca. 236 - 225 Ma) Karbonatplattform. Der Wettersteinkalk neigt zur intensiven Verkarstung und ist daher als Karstgrundwasserleiter sehr wirksam. Karsthohlräume sind Sonderformen der Klufthohlräume in der Weise, dass in wasserlösungsfahigen Gesteinen zunächst Klüfte entstanden, die dann in geologischen Zeiträumen durch die gesteinslösende Wirkung zirkulierender Wasser erweitert wurden. Karsthohlraume sind meist unregelmäßig ausgebildet und reichen von schmalen Klüften bis hin zu Karsthöhlen. Die Bilder unten zeigen schematisch, wie Karstsysteme funktionieren: Die Infiltration des Niederschlages erfolgt punktuell, z.B. über Dolinen, oder diffus. Mit Ansteigen des Wasserspiegels im Hohlraumsystem kommt es zur Auffüllung der Karsthohlräume, was eine Erhöhung der Schüttungsmengen von Karstquellen innerhalb von Stunden zur Folge haben kann. Lösung von Kalziumkarbonat: CO
2 + H
2O + CaCO
3 <--> Ca
2+(aq) + 2 HCO
3-(aq)
FAZIT: Wettersteinkalk kann aufgrund seiner Verkarstungsfähigkeit hohe Wasserwegigkeiten und gute Durchlässigkeiten aufweisen. Damit verbunden sind jedoch eine geringe Speicherfähigkeit und kurze Aufenthaltszeiten. Somit ergibt sich eine hohe Empfindlichkeit und schlechte Schützbarkeit der Karstwässer im Hinblick auf Schadstoffeintrage und Probleme mit mikrobiologischen Belastungen (Weidevieh, Wildbestand, Tourismus).
links: Wettersteinkalk, rechts oben: verkarsteter Wettersteinkalk, rechts unten: schematische Darstellung Karstsystem (Quelle:www.iah.org/karst_hydrogeology.html)
Raibler Schichten
Die Ablagerung der Raibler Schichten ist vermehrt durch Festlandeinflüsse geprägt (ca. 227 - 220 Ma). Raibler Schichten setzen sich v.a. aus Kalken, Dolomiten, Rauhwacken (= löchrig-poröser Dolomit oder Kalk, welcher Gips oder Anhydrit enthält), Sandsteinen und Mergeln (= enthält sowohl Kalk als auch silikatische Anteile) zusammen. Die Raibler Rauhwacken sind hydrologisch sehr wirksam und weisen infolge der Lösung von Gips (Ca[SO
4] * 2 H
2O) typischerweise hohe Sulfatgehalte bzw. eine hohe elektrische Leitfahigkeit auf. Die tonig-mergeligen Gesteinseinheiten der Raibler Schichten können auch als Stauer wirken.
FAZIT: Raibler Rauhwacken weisen ebenfalls hohe Wasserwegigkeiten und gute Durchlässigkeiten in den Lösungshohlräumen auf. Damit verbunden sind eine geringe Speicherfähigkeit und kurze Aufenthaltszeiten. Somit ergibt sich eine hohe Empfindlichkeit und schlechte Schützbarkeit der Wässer im Hinblick auf Schadstoffeintrage und Probleme mit mikrobiologischen Belastungen (Weidevieh, Wildbestand, Tourismus).
Raibler Schichten, rechts: Raibler Rauhwacke mit zellig poröser Struktur infolge Gipslösungen, links:Raibler Dolomit mit Übergang zu Rauhwacke
Hauptdolomit
Der Hauptdolomit (CaMg[CO
3]
2) kann bis zu 2200 m Mächtigkeit erreichen, und repräsentiert Ablagerungen in einem flachen Meer (ca. 220 - 210 Ma). Der hellgelblich-graue bis braungraue Hauptdolomit weist oft eine intensive Klüftung im µm- bis dm-Bereich auf. Daraus resultiert auch die charakteristische Verwitterung zu feinem Grus. Die Grundwasserneubildung erfolgt weiträumig, wobei die miteinander vernetzten Kluftsysteme hydraulische und hydrostatische Verbindungen darstellen. Grundwässer aus Hauptdolomit weisen generell eine hohe Verweildauer auf und stellen somit hinsichtlich ihrer Schützbarkeit ideale Wasservorkommen dar.
FAZIT: Hauptdolomit ist kaum verkarstungsfähig. Die Grundwasserneubildung erfolgt weiträumig, wobei die miteinander vernetzten Kluftsysteme hydraulische und hydrostatische Verbindungen darstellen. Generell weist das Grundwasser hier eine lange Verweildauer auf, was in weiterer Folge die Erschließung von hygienisch unbedenklichem Trinkwasser ermöglicht.
Hauptdolomit, oben: massiger Hauptdolomit, unten: stark geklüfteter Hauptdolomit
Schematisches Hydrogeologisches Modell bei Trinkwassererkundung, K+U Umwelttechnik, Labor und Hydrologie GmbH, Christian Kassebaum
Literaturverzeichnis:
- FAUPL, P. (1997): Historische Geologie. Eine Einfuhrung.- WUV-Universitatsverlag.-Wien.
- HÖLTING, B. (1989): Hydrogeologie, Einfuhrung in die allgemeine und angewandte Hydrogeologie, 3., neu bearbeitete Aufl., Stuttgart, Enke.
- KASSEBAUM, C. (2006): Exploration von Trinkwasser im geklufteten Hauptdolomit in den Nordlichen Kalkalpen, Unver
- LANGUTZ H.-R. & VOIGT, R (2004): Hydrogeologische Methoden, 2. Auflage, Springer Verlag, Leipzig.